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Transkript: Serhat Karakayali - Affekte der Migration

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Katarina Stjepandic: So dann nochmal ganz kurz von vorne.

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Katarina Stjepandic: Einen wunderschönen guten Abend und herzlich willkommen zur bereits vierten Ausgabe der Vorlesungsreihe Mobility Affects, einer Kooperation der Sonderforschungsbereich Bereichs Affective Societies der Freien Universität Berlin und des Berliner Instituts für empirische Integrations und der Humboldt-Universität. Mein Name ist Katarina Stjepandic und ich führe sie heute so ein bisschen durch. Die Veranstaltung moderiere im Anschluss an den Vortrag die Diskussion. Ein Satz zu mir: Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin am BIM und arbeite dort für Naika Foroutan in der Abteilung Integrationsforschung und Gesellschaftspolitik. Diese Ringvorlesung wird organisiert von Yvonne Albrecht, auch Mitarbeiterin des BIM, von Jan Slaby vom SFB, dessen Vortrag wir letzte Woche schon gehört haben und von Serhat Karakayali, ebenfalls vom BIM und sein Vortrag dürfen wir uns heute anhören. Serhat, ganz kurz ein paar Informationen über dich, um dich einmal ganz kurz vorzustellen. Ich halte mich hier zurück, damit ich nicht die Vortragszeit oder auch die Diskussionszeit zu sehr beschränke, Serhat ist Soziologe. Er ist Leiter der Abteilung Migration am Deutschen Zentrum für Integrations und Migrationsforschung, also kurz vom DeZIM. Seit 2014 schon arbeitet und forscht er am BIM. Und zu seinen Schwerpunkten gehören die politische Soziologie der Migration, Migration und Zivilgesellschaft, Solidarität in der Migrationsgesellschaft sowie Transnationalität und Öffentlichkeit und Migration. Und das spiegelt sich natürlich auch in seinen Forschungsprojekten und zahlreichen Publikationen wieder. Ich will nur zwei genannt haben. Serhat forscht seit 2014 zu Ehrenamt und Engagement für Geflüchtete und stellte sich dort die Frage zur kosmopolitischen Konzepten von Solidarität und eben auch der Frage, inwiefern Zivilgesellschaft als Ort der politischen Sozialisation funktionieren kann und wie. Seit 2016 forschte er zu Migration und Gewerkschaften, finanziert durch die Hans-Böckler-Stiftung und das Bundesministerium für Bildung und Forschung und stellte sich dort die Frage nach migrantischen Engagement und wie sich dies im Rahmen der Strukturen betrieblicher Demokratie auf Diskriminierung in Diskriminierungspraktiken, beispielsweise in der Arbeitswelt auswirkt. Serhat, der Titel deines Vortrags heute lautet Affekte der Migration, Habitus als verkörperlichte Urteilskraft. Hiermit übergebe ich an dich. Bin gespannt und wünsche uns allen einen sehr schönen Vortrag.

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Serhat Karakayali: Vielen Dank, liebe Katarina. Ich freue mich sehr, dass ich jetzt die Gelegenheit habe, heute mit Ihnen, mit euch ein paar Überlegungen gemeinsam anzuschauen. Ich stelle die an und werfe sie Ihnen vor. Sie bilden sich dann Ihr eigenes Urteil. Aber ich darf vielleicht vorab schicken, also Katarina und ich haben den Vortragstermin getauscht und das führte in meinem Fall zu einer erheblichen Verkürzung der Vorbereitungszeit, von da ich die ziemlich unpraktische Angewohnheit habe, mir jedes Mal so einen Vortrag neu auszudenken. Und das hat irgendwie eine didaktische Funktion für mich selber. Irgendwie brauche ich das, um mich dazu zu bringen, dann nicht mit bestimmten Themen nochmal genauer zu befassen. Habe ich jetzt bis vor 10 Minuten an diesem Vortrag gesessen. Naja, also was ich jetzt machen will, hat etwas damit zu tun, was ich in den letzten Monaten und letzten anderthalb Jahren gemacht habe und was mit der Arbeit am DeZIM und am BIM zu Rassismus und Diskriminierung und wie man die affekttheoretischen Überlegungen, mit denen ich mich gleichzeitig befasse, hier anschließen und fruchtbar machen kann. Und als ich letzte Woche Yvonne sah, habe ich einen kleinen Schreck bekommen, weil ich natürlich dachte, was habe ich da nur angebohrt? Zu meinem Titel natürlich auch wieder in letzter Minute, habe ich jedenfalls nicht im Sinn einer Art vereinigte Feldtheorie der sozialen Welt jetzt heute Abend zu liefern, das wäre ja natürlich vermessen. Ich will eher interdisziplinären oder transdisziplinären, wie Sie wollen, Kontext handelt ja in beiden Fällen in beiden Einrichtungen.

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Serhat Karakayali: Kollegen aus verschiedenen Fächern, verschiedenen Disziplinen zu tun und ich will das auch als eine Herausforderung verstehen, mich mit diesen Disziplinen zu befassen und auseinanderzusetzen und Ihnen heute eine vermutlich unvollständige Serie von Ideen und Thesen vorschlagen. Die Ideen, die in diesen unterschiedlichen Kontexten am Dimmen und im Dezember entstanden sind, bei der Auseinandersetzung mit ganz bestimmten Paradoxien, wenn man so will oder auch Blind-Spots. Man erkennt natürlich schon an den Begriffen, dass die in dem Titel vorkommen, die den Titel zieren, dass da schon einkommt, nämlich diese Gegenstandsbereich, Methoden und Theorien anderer Disziplinen. Und das war auch irgendwie klar, also wenn man in so einem Institut dann ist, kommt man gar nicht drumherum, sich mit diesen Sachen zu befassen. Es sei denn, man schließt sich in seinem Büro ein. Und selbst dann geht es nicht, weil zuletzt als wir bevor das BIM dann umgezogen ist jedenfalls saßen wir da mit 3 zu 4, mit drei bis vier Personen in einem Büro. Also auch das schafft keine Abhilfe. Also der Vortrag ist also so etwas wie das Tagebuch einer transdisziplinären Reise teilweise mit dem Charme von Reiseberichten in ferne Länder aus dem 18. Jahrhundert. Im besten Fall also mal glänzen wie Tocqueville, im schlimmsten Fall blamiert man sich wie William Lithgow, dem "Odysseus der Misanthropen" wie ihn Roger Willemsen na nnte, der seine Schriften herausgegeben hat.

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Serhat Karakayali: Oder man ist abwechselnd beides im Minutentakt, Dr. Tocqueville, Mr. Lithgow und die likelihood will ich damit nur sagen von kulturellen, interkulturellen Missverständnissen ist hoch, wenn man sowas macht. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht reisen soll, denke ich. Und es bedeutet nur, dass es eben, dass man gleich ein, dass man vielleicht einen Reiseführer mitnimmt. Und nun ist klar also Interdisziplinarität ist ja immer etwas, was man so gerne in einer Antrags Prosa liest und auch gerne einschreibt. Aber es ist natürlich auch nicht neu. Sie kennen das alle, dass das etwas ist, was die Fördereinrichtungen sehr viel mehr mögen als die Disziplinen oftmals selber. Und die Disziplinen Kulturen betrachten eben Ausflüge in solche anderen Gefilde, oftmals eher als etwas Bedrohliches, was man allerspätestens merkt, wenn man das erste Mal in einer Berufungskommission gesessen hat. Also ob nun Besitzstandswahrung das entscheidende Motiv ist, das kann man nun da hinstellen. Als ich jedenfalls begann, dieses Puzzle mit dem ich mich beschäftige, zu legen, zeichnete sich ab, dass das so etwas wie Interesse, Neugier, Offenheit gegenüber anderen disziplinären Zugängen oder Gegenstandsbereichen als in der Regel von den meisten als ineffizient eigentlich betrachtet wird. Wenn nicht gar als gefährlich und im Fall der Soziologie ist das auch ein intradisziplinäres Problem. Also wer vom Fach ist, wird ahnen, wovon ich spreche.

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Serhat Karakayali: Das ist sicherlich am deutlichsten sichtbar. Der quantitativen und qualitativ Forschung oder Methoden und das Verhältnis dieser beiden Richtungen ähnelt mittlerweile dem zwischen den beiden großen Konfessionen, christlichen Konfessionen vor dem zweiten Vatikanischen Konzil, also was die jeweilige Fraktion für Wissenschaft hält, das ist für die andere entweder Hokuspokus und Priesterbetrug oder im besten Fall einigermaßen nützlich. So irgendwie als Ergänzung der eigenen oder eigentlichen Wissenschaft. Und wie angespannt die Lage ist, das bekommt man ja mit, sicherlich auch außerhalb der Soziologie. Mir wurde das als erstes mal so richtig richtig deutlich vor der Gesellschaft für Soziologie in Göttingen, dort saßen tatsächlich die Referentinnen der DFG, um auf Vorwürfe beider Seiten einzugehen, ihre Anträge würden systematisch benachteiligt und naja, Sie kennen die weiteren Entwicklungen. Jedenfalls mir scheint, dass der Zug in die falsche Richtung fährt und dass es sich eigentlich lohnen würde, noch einmal anzuhalten und nachzudenken. Das soll jetzt auch keine Sonntagsrede sein über die interdisziplinäre Ökumene oder sowas. Ich will aber konkret davon erzählen, wie meine Auseinandersetzung mit dem Thema entstanden ist und dabei deutlich machen, dass es bestimmte Konstellationen gibt, in denen der Blick über den Tellerrand der Fachwelt oder der eigenen Disziplinen zu echten Erkenntnisfortschritten führen kann. Ich will damit beginnen, über ein Projekt zu reden, das mit der DeZIM Gemeinschaft zu tun hat, und dem dazugehörigen Institut, an dem ich jetzt arbeite. Und zwar ging es damals um ein institutsübergreifendes Projekt. Es handelt von zwei zentralen Migrationsrouten. Und dieses Pilotprojekt, bevor dann das eigentliche Projekt losging, behandelte unter anderem Fragen der Beziehungen zwischen Migrantinnen und sogenannten Host Communities. Und dabei geht es natürlich um Fragen wie Ablehnung, Migrationsaversionen, Hostilities und solche Sachen.

00:10:36
Serhat Karakayali: Entlang dieser Routen und tatsächlich also Ramona, die jetzt das Pilot, dieses Pilotprojekt mit umsetzt, weiß, wovon ich spreche. Es geht natürlich um solche Fragen wie Einstellungen von World Communities und Beziehungen. Und ganz zu Beginn, als das konzeptualisiert wurde, waren wir im Gespräch mit Kollegen aus den unterschiedlichen Fächern. Die es ja unter anderem am BIM gibt. Also zum Beispiel der Sozialpsychologie, der klinischen Psychologie, Wirtschaftswissenschaften und so weiter. Über Begriffe, Theorien und Methoden. Und dabei war unter anderem auch ein Kollege von der Charité, der mit Hilfe eines Hirnscanners zu Social Cognition und Apathy forscht. Und weil ich es eben auch damals zu Solidarität und Willkommmensgesellschaften geforscht hatte, überschnitt sich das mit meinen, mit meinem Interessensgebiet und wir begannen über solche Fragen dann zu sprechen, wie man das eigentlich gemeinsam umsetzen könnte. Und auf solchen Treffen geht es natürlich erst einmal zu wie beim Turmbau zu Babel. Also man versteht sich einfach erst mal nicht oder man missversteht sich. Und mit einfachen Erläuterungen solcher Begriffe ist es dann in der Regel auch nicht getan. Es gibt dann geht man im Schlepptau von ganzen Assoziationnsräumen, von Randbedingungen. Da muss man erst mal erklären, um etwas zu erklären und Trigger Effekten, die es auch geben kann, wenn man, wenn man mit mit Begriffen hantiert, die in anderen Kontexten ganz was Schlimmes bedeuten. Also tatsächlich, also in einem anderen Kontext.

00:12:16
Serhat Karakayali: Hat dann jemand mal an so einen Begriff wie "being in the World" zum Beispiel verwendet und die Kollegen von der Philosophie, also Kritische Theorie, die sind dann fast an die Decke gegangen, als sie das gehört haben. Also das ist schon auch innerhalb der geisteswissenschaftlich orientierten Forschung natürlich relativ schnell möglich. Jedenfalls mit dem Wort Empathie ist ja bereits ein eigenes, und das wissen Sie besser als ich, unübersichtlich großes Forschungsfeld bezeichnet, auf das man bei Fragestellungen, Migrationsaversionen, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus usw. gar nicht herumkommen kann. Die Emotionsforschungen oder Affektforschung ist hiermit gemeint, insbesondere Antipathie, antipathische Gefühle spielen in diesem Feld eine herausragende Rolle. Und das ist, eigentlich springt es einem ins Gesicht. In Medienbeiträgen, überhaupt in politischen Kampagnen, in in journalistischen Beiträgen, im gesamten politischen Diskurs wird man überall auf z.B. den Begriff des Hasses stoßen oder den Begriff der Angst, wenn es um die Beschreibung von Ansichten oder Praktiken geht, die gegenüber Migrantinnen und anderen Minderheiten ablehnend eingestellt oder orientiert ist. Wenige Soziologen beschäftigen sich in diesem Kontext mit Gefühlen oder Affekten. Und in der Forschung zu Rassismus und Migrationsaversion, tatsächlich ist das erstaunlich, ist es relativ wenig ausgeprägt. Es dominieren also eher Ansätze, die Einstellungen, also Preferences und vielleicht implizit eben auch sowas wie Heuristiken als methodische Operatoren verwenden. Und darauf und dann auch auf zwei Disziplinen, die damit zu tun haben und deren bemerkenswertes oder bedeutsames aufeinandertreffen, will ich im Folgenden eingehen, nämlich mit dem zeitgleich mehr oder weniger mit dem gerade erwähnten Projekt ist etwas anderes entstanden. Das hatte damit natürlich zu tun. Projekte, die sich empirisch mit der Frage der Diskriminierung beschäftigen. Und prominent, das werden Sie vielleicht mitbekommen haben, ist diesem Zusammenhang der nationale Rassismus und Diskriminierung Monitor zu nennen, der jetzt vom Bundeskabinett soeben heute, morgen ist dann die Entscheidung amtlich, beschlossen wurde. Und der dessen Umsetzung dem DeZIM übertragen wurde. Und das Gerüst für diese empirische Erhebung und die das methodologische Gerüst und das Forschungsdesign, gehen zurück auf die Arbeit, die am BIM gemacht worden ist in Zusammenarbeit mit der des Bundes, das ist die Forschung zu Diskriminierung gewesen. Und in dem Kontext hatten wir damals das will ich jetzt sozusagen zur Illustration einmal machen, hatten wir damals ein Team von Kolleg:innen vom WZB zu Gast. Wir haben eine Studie vorgestellt, in der es um Diskriminierung am Arbeitsmarkt geht, ging. Die Kolleg:innen also das waren Ruud Koopmans, Ruta Yemane und Susanne Veit, zwei davon sind jetzt Kolleg:innen von mir am DeZIM Institut. Diese Kolleg:innen haben etwas gemacht, das eigentlich zum Standardrepertoire dieser Forschung gehört, nämlich mit den sogenannt, mit einem sogenannten Korrespondenz Test gearbeitet. Was ist ein Korrespondenz Test? Es ist sozusagen eine eine Methode, mit der man ermittelt, ob es so, ob ob Diskriminierung vorliegt und wie macht man das?

00:16:04
Serhat Karakayali: Man entwirft ein fiktives Bewerbungsschreiben, schickt das in großer Zahl an Unternehmen in verschiedenen Branchen und die Variable, die die Features dieser Bewerbungsschreiben sind hinsichtlich der Qualifikation randomisiert und auch in Bezug auf Religion, Nationalität, Hautfarbe und so weiter, allerdings gewichtet randomisiert damit das plausibel ist, nimmt man nicht so unwahrscheinliche Bewerber, Bewerberinnen, Kandidaten hat, wurde es, damit es einleuchtet diese Merkmalzusammensetzung. Und die Idee ist, dass man dann herausrechnet sozusagen was da an Diskriminierungen zu beobachten ist. So und jetzt ist das Interessante. Dass die Methode, mit der die Kollegen folgen bzw. die zugrundeliegenden Modelle, mit denen das dann interpretiert worden ist aus den Wirtschaftswissenschaften kommen, keine der beteiligten Kolleg:innen selber sind, ist Wissenschaft, ist Wirtschaftswissenschaftler und das sind hier Theologinnen und andere Sozialwissenschaftlerin und das fand ich ganz interessant, dass das hier ein ein Modell ist das ist wahrscheinlich auch klar, hat damit zu tun, dass hier ein Markt erforscht wird. Und das gehört natürlich in den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftswissenschaften. Und zwar geht es hier um die beiden Modelle der "statistical" and "taste-based" discrimination. Statistical discrimination bzw. lassen Sie mich das ganz kurz noch sagen, die kommt zu dem Ergebnis, zu welchem Ergebnis sie kommen. Die Studie ergibt also, dass auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine "taste-based" discrimination zu beobachten sei und eine "taste-based" discrimination, das ist sozusagen eine, die aus ökonomischer Sicht nicht rational im Sinne einer Nutzenmaximierung. Sondern die basiert auf Einstellungen, die quasi nicht ökonomisch begründet sind. Also die Leute haben einen Geschmack. Und das ist nicht eine statistische, was eine statistische Diskriminierung ist, sage ich Ihnen jetzt auch noch. Aber erstmal will ich auf diesen Begriff der "taste" eingehen. Denn wenn man jetzt damit nicht vertraut ist, dann findet man das natürlich erst einmal irritierend, dass so etwas "taste" genannt wird. Dieser Begriff geht zurück auf einen US-amerikanischen Ökonomen Gary Becker. Er schreibt 1957 ein Buch mit dem Titel "Economics of Discrimination", und er ist der erste in seiner Disziplin, der eine ökonomische Theorie, nicht-pekuniärer Motivationen entwickelt, die er quantitativ auf Diskriminierung anwendet und auch auf dessen Gegenstück, den sogenannten, den Nepotismus, also die Bevorzugung einer Gruppe, die auch nicht, also die auch nicht nach den Kriterien von Nutzenmaximierung vorgibt. Und der Becker ist Ökonom in Chicago, bekommt später auch den Nobelpreis. Auch dazu diesen diesen sogenannten Nobelpreis,dazu sage ich später auch nochmal was.

00:19:30
Speaker 9: Und er schlägt vor, den Begriff des "discrimination coefficient" so einzusetzen, damit sollen die Kosten eines "taste for discrimination" für Marktteilnehmer und Märkte berechnet werden. Ein Modell, das Becker der Außenhandelstheorie entlehnt. Er will aufzeigen, dass und warum diskriminierendes Marktverhalten negative Folgen für alle beteiligten Gruppen hat, Minderheiten aber härter trifft und warum Kapitalisten, die bei ihm wirklich so heißen, auch nicht von ihr profitieren. Der Taste wird dabei, in diesem Buch und in seiner Arbeit selbst mit Verweis auf die damaligen Standarttheorien soziologisch oder sozialpsychologisch begründet. Und im Übrigen, auch das ist interessant, als stabil vorausgesetzt. Tatsächlich erscheint noch 30 Jahre später nochmal ein Text von Gary Becker, den er zusammen mit einem weiteren Nobelpreisträger George Stigler schreibt, unter dem Titel "De gustibus non est disputandum" trägt und der die gleiche, den gleichen Sachverhalt beschreibt. Hier wurde dann nach Kritiken verschiedenster Art an bestimmten Inkonsistenzen usw. Anfang der 70er Jahre von zwei Autoren herausgefordert. Richard Phelps und Kenneth Arrow, glaub ich falsch, und die schreiben unabhängig voneinander zunächst zwei Texte zu '72, '73 und schlagen ein anderes Modell vor. Ich denke, es ist kein Zufall, dass beide diese Idee nach einer Begegnung interdisziplinärer Art entwickeln. Beide, er heißt nämlich Edmund Phelps und Kenneth Arrow verbringen Ende der Sechzigerjahre, Anfang der siebziger Jahre, jeweils ein Jahr als Fellow am Center for Advanced Study, for Advanced Study in Behavioral Science in Stanford. Edmund Phelps lernt nun nebenbei am Amartya Sen auch auch John Rawls kennen und beide Ökonomen veröffentlichen nach ihren Fellowship zum ersten Mal außerhalb ihrer einschlägigen Themen zu dieser Fragestellung, und zwar mit dieser spezifischen Perspektive. Beide Wirtschaftswissenschaftler formulieren mit der statistischen Diskriminierung eine neoklassische Theorie, die diskriminierendes Verhalten von Marktteilnehmern, insbesondere von Arbeitgebern, vollständig in die Theorie rationalen ökonomischen Handelns integrieren soll. Zunächst Arrows: Er hat eine umfangreiche Studie damals geschrieben. Und dachte, dass die allgemeine, das die allgemeine ökonomische Theorie unterstellt, dass diskriminierendes Verhalten für Arbeitgeber langfristig zu kostspielig wäre. Alle Erklärungen damals, die vorliegen, mit denen die Einkommensdifferenz zwischen Schwarzen und Weißen Arbeitern in den USA erklärt werden soll, 60 Prozent, und die, die diese Differenz auf der Angebotsseite verorten wollen, also bei den Arbeitskräften. Also sei es durch Konzentration auf bestimmte Branchen, auf deren Bildungskapital, auf vermeintliche kulturelle Eigenschaften, also z.B. auch das Argument, dass hier die Folgen der Sklaverei auch eine Rolle spielten, weil die vor allem auch Motivation, sich ein solches Soziales- und Bildungskapital anzueignen, auch das wird alles zurückgewiesen von Arrow. Er sagt, dass ist eigentlich nicht plausibel. Das kann man ganz, ganz leicht zeigen am Sprachverhalten, das ist nämlich ganz deutlich sehr ähnlich dem aller anderen US-Amerikaner.

00:23:10
Serhat Karakayali: Man kann diese Differenz eigentlich nicht angebotsseitig erklären. Und er sagt das Geschehen muss eigentlich gänzlich auf der Seite der Nachfrage, also dem Unternehmen, verortet werden. Dann geht es los auf mögliche Beispiele ein, in denen Taste die Ungleichheit erklären könnte und konzediert, dass das natürlich möglich ist. Aber so und dann kommt der entscheidende Punkt "What if racial discrimination are tools of economic exploitation?". Ich lasse jetzt mal diese ganzen Vermutungen über Gleichgewicht und non-konvexe Märkte mal aus. Das ist, glaube ich jetzt zu speziell. Aber der eigentliche Punkt ist, Arrows und im Anschluss an ihn dann eben auch Phelps, schlagen eine neue Erklärung vor, die in Variationen bis heute von Forschern und Forschern noch immer verwendet wird. Von Gesellschaftswissenschaften und die lautet: Arbeitgeber können kein vollständiges Wissen über die Leistungsfähigkeit der Bewerber besitzen. Und hier geht es nicht um formale Qualifikationen, wie Arrows deutlich macht, sondern um solche Eigenschaften wie "steadiness, punctuality, responsiveness and initiative". Also als Beispiele dafür, welche Informationen man eigentlich nicht verfügt, wenn man so einen CV vor sich liegen hat oder irgendein Diplom. Nun sei aber die Hautfarbe des Bewerbers eine kostengünstige Informationsquelle, so heißt es dort. Und "he (also der Arbeitgeber) holds some subjective beliefs about the respective probabilities that white and black workers are qualified". Die Folgen seien die gleichen, wie wenn man taste als Motiv unterstellt, aber die Ursachen seien eben doch andere. Noch deutlicher, der Aufsatz heißt "The statistical theory of Racism and Sexism" und daher kommt auch der Name der "statistischen Diskriminierung" heute, Phelps disputiert gar nicht erst über mögliche Gruppen, theoretische Erklärungen, Kultur oder Vorurteile. Um zu verdeutlichen, dass das zu untersuchende Phänomen eigentlich gar nichts mit Einstellungen zu tun haben muss, beginnt der Aufsatz mit einem Beispiel eines Reisenden, dessen Verhalten als diskriminierend gegen sein Hotel bezeichnet werden kann, wenn er sich, ohne weitere Informationen einzuholen, dafür entscheidet, auswärts und nicht im Hotel Restaurant zu speisen. Diese Entscheidung sei rational: "If the cost of acquiring evaluations of restaurants is sufficiently high and if the hotel restaurant is believed to be inferior at least half the time".

00:25:45
Serhat Karakayali: Hier liegt also schon sozusagen so etwas wie eine Formel vor, mit der man berechnen könne, wie rational eben so eine Entscheidung ist. In Ermangelung vollständiger oder bei "noisy" Signalen greife der Arbeitgeber für die Vorhersage der Produktivität einer Bewerberin auf einen gewichteten Durchschnitt des individuellen Signals, das er empfängt, sowie der durchschnittlichen Produktivität der Arbeitnehmer in derselben Gruppe der Bewerber zurück. Je weniger informativ das Signal sei, desto mehr Gewicht lege der Arbeitgeber auf die durchschnittliche Produktivität anderer Arbeitnehmer in derselben Gruppe. Und das sind natürlich erstmal formale Modelle, die dann später erst von anderen überhaupt empirisch getestet werden. Es wie betonen auch beide, es kann auch sein, das es gar nicht so ist. Aber das ist eine Theorie, die ist konsistent und die schlagen wir jetzt vor. Aber interessant scheint mir auch, dass wenn man sich die technische, das heißt die mathematische Formulierung der Hypothese bei Arrows anschaut, die Annahme des Arbeitgebers, dass Schwarze Bewerber eine geringere Wahrscheinlichkeit als Weiße Bewerber haben, ist nicht das Ergebnis der Analyse des Marktes, sondern es heißt dort an der entscheidenden Stelle "If PW (also probability of white workers returningthe investment), is for some reason. slightly greater than PN (probability of Black workers, will er eigentlich sagen, aber es hat immer PN) folgen daraus gerinigere Löhne für Schwarze Arbeiter.

00:27:20
Serhat Karakayali: Kurz, der Begriff der "statistischen Diskriminierung" suggeriert eine ökonomisch rationale Handlung, die bei Phelps als eine Art vernünftige Daumenregel erscheint, bei Arrows dagegen die Form eines exogenen induzierten Parameters hat. Seit den Siebzigerjahren sind nun unzählige, wirklich unzählige Studien entstanden, die sich auf diese beiden Modelle "taste" and "statistics" oder bzw. Varianten dieser Theorien beziehen oder Audit-Studien einsetzen. Die meisten verwenden dabei "statistische Diskriminierung" so, als ob Arbeitgeber über Wissen bezüglich durchschnittlichen Qualifikationen einer Teilpopulation verfügen, dass Marktteilnehmer nicht nur unvollständig, sondern vielleicht stereotyp informiert sein könnten, brachte eine Gruppe von Ökonominnen 2019 dazu, von "inaccurate statistical discrimination" zu sprechen. Wenn Arbeitsmarkt Studien feststellten, dass eine statistische Diskriminierung aufgrund der gleichen Verteilung von Produktivität in zwei Gruppen z.B. Weiße und Schwarze US-Bürger, nicht gerechtfertigt sei, tatsächlich heißt es dort Schluss, so schlössen eben diese Studien gleich auf "taste-based discrimination" und das sei ja möglicherweise gar nicht der Fall. Vielmehr könnten die Arbeitgeber ja falsche Vorstellungen über die Produktivität der Gruppe haben und sie daher dann Zitat "fälschlicherweise" statistisch diskriminieren. Sie schlagen deshalb vor "if discrimination stems from inaccurate beliefs, an effective policy response could be to provide individuals with information about the correct distributions". Die Gruppe macht aber noch einen anderen, meines Erachtens deutlich zielführenden Vorschlag, nämlich die Überlegungen der Verhaltensökonomie bzw. der Kognitionspsychologie zu Rate zu ziehen. Dieser Punkt liefert mir nun die Überleitung zu einem fun fact, der vielleicht auch mehr als ein fun fact ist, nämlich die Verhaltensökonomie. Wobei ich jetzt auch etwas sagen werde. Die entsteht an dem gleichen Ort, an dem ... inspiriert fühlen, über so etwas wie statistische Diskriminierung nachzudenken, nämlich am Advanced Studies Center Behavioral Science wenige Jahre später: Richard Thaler, Amos Tversky, Daniel Kahnemann. Advanced Studies Center könnte man vielleicht als sowas wie ein Inkubator wie man heute so schön sagt und tatsächlich alle, die hier genannt werden übrigens dann irgendwie bekommen alle diesen Nobelpreis auch noch.

00:30:13
Serhat Karakayali: Damit kommen wir in den Bereich des Gegenstandsbereich des Decision Making. Und der ist wiederum beheimatet in der Kognitionspsychologie. Kahnemann und die Tversky waren in puncto Disziplinreise etwas ähnliches wie Phelps und Arrows. Sie sind eigentlich mathematische Psychologen bzw. Kognitionspsychologen und haben Anfang der 70er Jahre schon ihre Ergebnisse veröffentlicht in 1974 in einem Aufsatz in Science mit dem Titel "Judgement under uncertainty. Heuristics and Bias". Und aber was bahnbrechend immer zitiert wird und was eben auch häufiger zitiert wird, wofür die beiden oder dann später auch diesen Nobelpreis bekommen, ist ein anderer Aufsatz, der hat trägt den Titel "Prospect Theory, an analysis of decision under risk" in der wirtschaftswissenschaftlichen Zeitschrift "Econometrica", in der sie bis dahin die geltenden Annahmen der Theorie rationaler Wahl der Ökonomie nachhaltig erschüttern, indem sie jene Aspekte ihrer Forschung hervorheben, die für die Diskussion der theoretischen Grundlagen der Ökonomie relevant sind, insbesondere die Thesen über Risk-Aversion, die kognitive Inkompetenz menschlicher Akteure im Umgang mit probabilistischen Szenarien usw. das in dem ganzen Aufsatz auch der Begriff Bias und eh Heuristik dann gar nicht mehr auftaucht, sondern das ist dann etwas, was dann sozusagen indirekt erschlossen wird durch den die, die Lektüre unternimmt, durch den Aufbau und die Entwicklung dieses dieser neuen Richtung.

00:32:01
Serhat Karakayali: Diese Forschungslabors Verhaltensökonomie im Anschluss an diese, an diese, an diese Kollaboration oder an diese interdisziplinäre Begegnung. Natürlich ist, gibt's auch Kritik an diesem Ansatz der Heuristik. Also was daran problematisch zu sein scheint, ist insbesondere, dass sie wie die ähnlich wie die Theorie der statistischen Diskriminierung nicht genau erklären kann, wie die Mechanismen eigentlich wirken, wann welche Heuristik eingesetzt wird und wieso sie, folgt man den Ausführungen der beiden, zu teilweise entgegengesetzten Ergebnissen führen können. Zu Beginn der Arbeit der beiden hier genannten Star Psychologen gibt es drei Heuristiken, und mit diesen drei Heuristiken wird dann eine ganze Spannbreite von Fehlurteilen erklärt. Es gibt dann andere Kollegen, die später einwenden, dass man eben die Umstände berücksichtigen muss, in denen bestimmte Heuristiken zum Einsatz kommen, dass Menschen auch in unterschiedlichen Situationen zwischen unterschiedlichen Heuristiken wählen können. Und darauf komme ich am Schluss nochmal, dass ist eben bei Kahnemann und Tversky vernachlässigt zu sein scheint, dass es auch noch andere Heuristiken gibt, die nicht in die Kategorie Bias fallen. Jedenfalls bei den dieses Fach prägenden Autoren Tversky und Kahnemann, Heuristiken eine Art Theorie der falschen ökonomisch rationalen Entscheidungen und das menschliche Kognition bestimmte Typen von Szenarien, insbesondere Probabilität nicht adäquat erfassen können.

00:33:45
Serhat Karakayali: Und die prominenten Beispiele, die sie alle kennen, sind das Monty Hall Problem oder Linda-Problem und die werden sozusagen als die sind die das sind die an prägnanten Beispiele, mit denen demonstriert wird, warum die allermeisten Menschen nicht in der Lage sind, hier zu richtigen Einschätzungen von Wahrscheinlichkeiten zu kommen. Die Signatur jedenfalls dieses Ansatzes ist es, schnelles Denken, so heißt das Buch, ist fast immer falsches Denken. Und Kahnemann sagt in einem späteren Interview, vielleicht kann man das wie das Mission Statement "Never trust your gut feeling". Aber wenn die beiden Autoren auf den Begriff des Bias, der natürlich für die Diskussion, das um um so solche Sachen wie Diskriminierung und Rassismus extrem wichtig und relevant sind. Und es haben einzelne Psychologinnen das Heuristik Modell auf das Problem der Diskriminierung natürlich angewendet. So wurde z.B. von Bodenhausen die representativeness heuristic synonym mit stereotypes verwendet, bei einem Text über die "conjunction fallacy". Insgesamt ist die Fortsetzung der Vorurteilsforschung seit den 60er Jahren operiert sie mit diesen Begriffen der des Bias und ganz analog zu der Kognitionspsychologie wird davon ausgegangen, dass es sich um eine allgemeine Eigenschaft menschlichen Denkens handelt. Und dann gibt es natürlich auch viele, die so argumentieren, dass sich das das das ein so grundlegender Bestandteil menschlicher menschlichen Denkens ist, dass sich deswegen auch Bias und Stereotype eigentlich durch durch keinerlei Aufklärung, Training oder andere Maßnahmen beeinflussen oder abstelle, abstellen lässt. Und bekannt und bekannteste Beispiel glaube ich für die Verwendung von so etwas oder die Fusion der Vorurteilsforschung mit Bias in diesem Sinne ist der Implicit Association Test. Ja das prominenteste Beispiel, es gibt also sicherlich dutzende, hunderte andere Beispiele. Ich will einige auf einige eingehen, aber jeder hier hat schon mal vom Implicit Association Test gehört, bei dem unter anderem gezeigt wird, dass eben Einstellungen von Probanden irrelevant sind für die Ergebnisse, die zeigen sollen, dass die Teilnehmer alle schwarze Gesichter mit negativen Eigenschaften assoziieren. Nun ist es natürlich die Genese von Bias unmittelbar mit der Funktionswiese des Gehirns oder mit spekulativen Folklore Theorien über Säbelzahntiger und Natürliche Selektion kausal zu verknüpfen, wie das so häufig der Fall ist. Dagegen kann man immer das machen auch einige.

00:37:04
Serhat Karakayali: Es gibt natürlich das Argument, dass es sich um eine kulturell gelernte oder das eine gesellschaftlich vermittelte Inhalte von Bias und so sprechen z.B. Richardson und Goff von einer "suspicion heuristic" im Anschluss an Kahnemann und die automatische implizite Assoziation von Blackness und Crime ist noch nicht die Folge einer allgemeinen Differenzierung in Gruppen, sondern sie geht aus der "availability heuristic" hervor. Demnach werden Urteile dadurch biased, dass wir uns auf die am ehesten zu Verfügung stehenden Bilder beziehen oder die zur Hilfe nehmen, um eine Situation zu beurteilen oder einzuschätzen, und available sind eben besonders mediale Repräsentationen von Schwarzer Kriminalität. Und vielleicht funktioniert eben auch so ich weiß gar nicht mehr, kann mich jetzt nicht erinnern, ob Naika Foroutan diese Ergebnisse vorgestellt hatte. Also ein Ergebnis aus den vielen Modulen von dem Projekt Post-Migrantische Gesellschaft war ja die Beobachtung der Überschätzung des Anteils der muslimischen Bürger in Deutschland. Na, das hat da hatten wir Zahlen, dass die also bis zum Teil 20% wurde da der Anteil muslimischer Menschen in Deutschland geschätzt. Wie kommt das zustande? Also hier liegt vielleicht eben so liegt ein gleiches Phänomen vor, availability heuristics oder Stereotyp wäre dann representative heuristics. Sie müssen also gar nicht tatsächlich Statistiken wälzen und Probabilitäten errechnen. Das muss auch nicht auf eigenen Erfahrungen beruhen, sondern hier dienen uns sozusagen gesellschaftlich vermittelte Bilder dienen uns dazu, hier zu Bias und unserem Gehirn so operieren zu lassen, dass wir etwas dafür können, dass wir dann zu einem biased Urteil kommen. Man kann das auch so machen wie Jennifer Eberhardt, hier widerrum in Stanford jetzt, eine der prominentesten Forscherin zur zum Racial Bias in den USA ist. Und die geht unterschiedlichen Methoden, Phänomen, Bildern nach

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Serhat Karakayali: Die eben sagt stereotyping ist ein allgemeines, eine allgemeine kognitive Funktion, die aber eben mit unterschiedlichen kulturellen Inhalten gefüllt werden kann, und sie illustriert das mit ihrer eigenen Erfahrung als Schwarzes Kind, dessen Eltern in eine weiße Nachbarschaft ziehen und die sich dann erst einmal die Gesichter ihrer weißen neuen Mitschülerinnen nicht merken kann und sich dann Notizen macht, um so auswendig zu lernen, wie sie die Namen merken kann, weil sie alle gleich aussehen aus ihrer Sicht. Und sie unterstreicht aber eben, dass das ein etwas Gelerntes ist und dass es vermutlich so ist, dass man in anderen Ländern zu anderen Ergebnissen kommen würde, wenn man ihre Forschung replizieren würde. Die Assoziationen jedenfalls, auf die sie oft kommt in ihren Forschungen, die Assoziation Schwarz = kriminell oder bedrohlich ist er aber in ist aber in der US amerikanischen Kultur so tief verankert, dass sie auf konventionelle Weise mit der Vorstellung, dass hier Leute rassistische Einstellungen haben, nicht mehr erklärbar ist. Also ähnlich wie beim Implicit Association Test werden hier Methoden verwendet, bei der sozusagen wobei die die der die Ebene, auf der das wirkt für die Methoden, die wir so kennen, eigentlich nicht nicht so ohne weiteres erschließbar sind. Ich will ein Beispiel nennen. So wurden Probanden in Experimenten Szenen aus Fernsehserien gezeigt. Und in diesen Fernsehserien gibt es also Schwarze und weiße Schauspieler, die eben Schwarze und Weiße Rollen spielen. Und zwar sind das dann in Ärzte und Polizisten, also in positive Figuren, keine Kriminellen. Und den Probanden wurden bei den Szenen die jeweiligen Schwarzen und weißen Schauspieler, mit denen interagiert wurde, unsichtbar gemacht, irgendwie gepixelt oder aus dem Bild rausgeschnitten. Man sah also nur die weißen Schauspieler, die interagierten mit irgendjemandem. Und dann wurde auch der Ton noch abgeschaltet. Und wenn, dann die Probanden wurden dann gefragt, ob die unsichtbare Person, mit der interagiert wurde, wo man eben nur Mimik und Gesichtsausdruck und eine Körpersprache sehen konnte.

00:42:07
Serhat Karakayali: Wenn man die gefragt hat, ob das eine sympathische oder nicht sympathische Person war, dann korrelierten die Ergebnisse mit den mit der Hautfarbe, der mit der Hautfarbe, den unsichtbar gemachten Schwarzen Schauspielern. Also Sie können sich denken wie. Wie kann man das erklären? Also entweder das ist eine, also die Ergebnisse sind irgendwie nicht robust. Oder es spielt sich auf einer Ebene ab, die wir nur erst einmal als unbewusst, als vorbewusst oder jedenfalls nicht unwahrnehmbar bezeichnen können. Wie entstehen solche Assoziationen? Was sind die Schwellenwerte, an denen sie signifikante Muster der Perzeption werden und wie flexibel lassen sie sich modulieren? Es ist wie tief, also bedeutet Schwarz gleich Schwarz? Was ist der Unterschied zwischen Schwarzen und sagen wir Muslimen? Wie genau kann man echt unser subliminales oder vor bewusstes Wahrnehmen wahrnehmen? Ich musste, als ich das gelesen habe, denken an Studien, also die ganze ganze Forschung in den USA zu Einwanderern aus Äthiopien, aus anderen afrikanischen Ländern und der dem Vergleich von deren Diskriminierungsdaten mit denen von US-Bürgern. Und die unterscheiden sich bekanntlich insbesondere in den Bereich einen ganz bestimmten sozioökonomischen Variabel, nämlich auf dem Arbeitsmarkt und dem Wohnungsmarkt. Es ist überliefert aus von einer Studie in Chicago, dass sich US amerikanische Schwarze wie afrikanische Einwanderer anziehen, deren Kleidungsstil imitieren, in dem in der Erwartung, dass sie dann nicht auf die gleiche Weise oder gar nicht diskriminiert werden. Wie soll man sagen, vor dem Hintergrund der tiefen Wirkung von Bias solche Strategien interpretieren und auch diese Ergebnisse. Bedeutet das, dass diese Patterns noch komplexer sind als sie aussehen. Oder es bedeutet, dass also Resilienz bei den Gruppen unterschiedlich verteilt ist, dass also die Leute sich einfach tausendmal mal mehr bewerben und dann irgendwann einen Job haben. Jedenfalls das ist interessant und wirft bestimmte Fragen auf und da gehe ich jetzt ganz zum Schluss sicherlich nur oberflächlich drauf ein, aber verstehe das als eine Herausforderung, mit der wir uns befassen müssen. Und ich denke, dass es diese Herausforderung lautet, beim Körper zu landen. Und das war natürlich die Idee dieser Choreografie. Ich würde nämlich denken, dass wenn man sich diese Forschung anschaut und wo sie landet, wo sie sozusagen am Ende uns hinführt, dass das sind ja hier ganz, ganz klar nicht alle Modelle, mit denen oder nicht alle theoretischen Ansätze, mit den jetzt Rassismus beforscht oder Diskrimierung beforscht wird, aber das sind diejenigen,

00:45:41
Serhat Karakayali: die am erfolgreichsten sind, die am häufigsten angewendet werden, vielleicht weil sie sich so leicht operationalisieren lassen und sich für die empirische Forschung, wenn sie dieser quantitativen Designs haben, und weil man mit ihnen bestimmte experimentelle Forschungsdesigns anlegen kann. Aber offensichtlich führen die sozusagen zu einer bestimmten an einer bestimmten Stelle zu einer zu einem Übergang. Und all diese Begriffe denke ich ja bias, heuristics, stereotype die haben gemeinsam, dass sie sozusagen diese Schwelle überschreiten zu einer Sphäre, auf die wir anscheinend jetzt nicht ohne weiteres jedenfalls Zugriff haben und die jetzt in der Regel immer als irrational bezeichnet wird oder irgendwie als vorbewusst oder die im Körper liegt. Also entweder ist das dann eine, in der Regel ist das irgendwie das Unbewusste, es sind oder eben die DNA. Wenn also Kahnemann sagt "never trust your gut feeling", wenn andere von Gehirnregionen oder Hälften sprechen, die dies oder jenes machen, der wenn das Testdesign von dem Experiment mit einem Implicit Association Test durch Geschwindigkeit einen Zugang zu solchen vor-reflexiven Regionen erreichen will, dann wird eben dieser Schwelle etwas ... ist jenseits der Reflexion, der Einstellung oder des bewussten Denkens befindet, dass ist für Sozialwissenschaftler so eine Art verbotene Stadt zuständig für den Körper, wenn das Gehirn und alles sozusagen, was dann in dieser Region liegt, da, zuständig dafür sind andere. Und natürlich das ist jetzt kein Plädoyer dafür, dass wir das auch noch machen, ich würde mich auch nicht in eine Herz-OP begeben, an wo das Team aus Kulturwissenschaftler:innen, Soziolog:innen und Archäolog:innen oder sowas besteht. Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, soll man diese epistemologischen Fragen, die der Körper uns stellt, die Frage nach dem Körper als Interface zwischen sozialer und somatischer Welt, die Frage nach der Übersetzungsarbeit der Körper, den in den physiologischen Funktionen, also von der Verarbeitung sensorische Daten bis zum Zusammenhang zwischen endokrinologischen System und Affekt, soll man diese Fragen ruhen lassen oder sie den Naturwissenschaftlern überlassen, die dann mit Evolutionsbiologie und den entsprechenden Storys von Höhlenmenschen und so weiter kommen. Natürlich ist das eine Herausforderung und das wissen Sie besser als ich, in dem dem SFB Affective Societies ist das sicherlich Thema, in der Forschung zu Rassismus und Diskriminierung noch nicht.

00:48:43
Serhat Karakayali: Und wenn man aber darüber spricht, dann läuten natürlich bei den meisten Sozialwissenschaftler:innen ersteinmal die Alarmglocken. Denn, seit Durkheim ist ist sozusagen die, die geht, geht die goldene Regel Soziales soll man ja nur mit Sozialem erklären. Und mir geht es auch gar nicht darum, jetzt mit Rassismus mit dem Körper zu erklären, aber es ist doch interessant, dass die Wirkungsweisen die Art und Weise, wie sozusagen Daten vorbewusst unbewusst verarbeitet werden, welche Arten von Heuristiken dort entstehen, welche Shortcuts entstehen. Dass der Körper möglicherweise eine andere Art von Kognition zur Verfügung stellt. Das sind Dinge, mit denen wir uns vielleicht befassen müssen, wenn wir verstehen wollen, wie diese Arten von bias vielleicht zustande kommen. Und dass Sie diese Art des Prozessieren von Informationen oder reicht das eben sind diese Analogien auch nicht richtig, dass wir eben nicht mehr uns das so vorstellen vielleicht sollten, wie Kognitionen dann in der Informatik funktioniert. Darüber bin ich mir nicht im Klaren, aber ich denke, darüber sollte man nachdenken. Ich denke, dass die zeitgenössische Affekttheorie in ihrer ganzen Bandbreite eine ganze Palette von Angeboten bereithält oder Hinweise darauf, wie eine solche Forschung beschaffen sein könnte. Man denke an die, die deleuzianisch-spinozstische Interpretation. Diese Ergebnisse eines eines Psychologie Experiments von Brian Massumi, mit der er darauf abgezielt hatte, die verschiedenen Körperfunktionen mit so Konzepten wie Linearität und Intensität in Verbindung zu bringen. Man kann hierzu auch nochmal auf die, das hatte ich angesprochen in einem Vortrag, auf eine andere Linie in der Heuristik Forschung schauen, die auch dem Motto von Spinoza näher ist, wenn sie fragt, was der Körper vermag und nicht, woran er scheitert. Ich denke an die Kritik, an von von wieder, an Kahnemann und Tversky.

00:51:03
Serhat Karakayali: Und wo wo Heuristiken eigentlich ein sehr viel positiveres Image haben. Nämlich, unterstreichen ja Gigerenzer und die ganzen Kollegen um ihn herum, dass Heuristiken auch erfolgreich sein können. Beispielsweise dieser die berühmte Gaze-Heuristik oder die Take-the-Best Heuristik, die beschreiben, wie der Körper, wie über den Körper sozusagen Shortcuts entwickelt werden. Eben Heuristiken, die sehr effektiv sind, die in gewisser Weise, die zumindest rational sind, die anders als die probabilistischen viel Heuristiken sozusagen zu richtigen Einschätzungen führen. Und was dann mich, was ich dann jetzt um zum Abschluss zu kommen interessant finde, ist die eine, eine der Kernaussagen von Gigerenzer ist. Wir betrachten diese Heuristiken nicht, nicht als als ob, Heuristiken sind nicht etwas, das etwas anderes imitiert, die also so tun, als würden sie eine Berechnung durchführen, sondern machen etwas anderes. Und das Interessante ist, dass vieles sozusagen erst einmal an diese, dieser Metapher der Blackbox erinnert, also dass wir eigentlich nicht wissen, was genau passiert, wenn der Körper lernt sozusagen, oder das Gehirn lernt, bestimmte Dinge einzuschätzen und so zu berechnen oder nichts berechnen, sondern einfach zu tun. Und diese Blackbox Metapher taucht nun eben bei der Debatte um Machine Learning wieder auf. Beim Maschine Learning, wenn man mit Leuten spricht, die Machine Learning machen, also Mathematiker, Informationsinformatik Experten, Leute, die Programme schreiben, dann sagen die einem immer: Wir wissen nicht, wie die das machen. Das ist verblüffend, wenn man das das erste Mal hört. Die sagen, es ist eine Blackbox. Und das ist, wenn Sie sich die Literatur anschauen, das ist ein verbreitetes Theorem, dass man nicht weiß, wie sogenannte neuronale Netzwerke es fertigstellen, tatsächlich etwas zu lernen und am Ende sozusagen, dass dieses berühmte medizinische Diagnose Software von von Google, die in der die dieser Bilder von von Mensch, vom menschlichen Auge besser diagnostizieren kann oder genauso gut diagnostizieren kann wie wie Ärzte im Durchschnitt. Und die dann aber eben auch das Geschlecht der der Augen Zugehörenden identifiziert und das können die Ärzte nicht. Das ist also Fragen Unfähigkeit am Ende der des kein Informatiker sagen kann, wie dieses Programm das gelernt hat, wie es zu dieser Information gekommen ist. Diese Blackbox sozusagen Phänomen, das erscheint mir eine erstaunliche Fähigkeit zu haben, sozusagen mit dem, was hier dem menschlichen Gehirn wiederum zugeschrieben wird.

00:54:21
Serhat Karakayali: Dass ich mich frage, warum wir uns damit beschäftigen mit dem Körper und wie er lernt und was er vermag. Denn wenn man sich anschaut, welche Rolle dem Maschine Learning zukommt, aus einem ganz anderen Aggregatstufe, dann scheint mir das doch dringlich geboten. Vor allen Dingen, wenn man sich eben überlegt, wir haben jetzt eine Debatte um Machine Learning und AI und Racial Bias. Und bevor wir wieder sagen, wir wissen nicht, wie das passiert ist, sollten wir uns damit befassen. Ein paar Argumebte zusammengetragen werden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Geduld.

00:55:05
Katarina Stjepandic: Es fehlt leider immer der Applaus bei diesen Online Veranstaltunge. Vielen Dank Serhat für deinen Vortrag. Ich bin mir sicher, es gibt viele Fragen und Anmerkungen und würde gerne direkt auch an Sie alle weitergeben. Wenn Sie Fragen haben, dann schreiben Sie in den Chat einfach Frage und dann kann ich Sie aufrufen und hier mit Video und Ton teilnehmen lassen. Man sagt ja in der Lehre auch immer, man muss auch einen Moment der Stille mal kurz aushalten, wenn überhaupt zum Überlegen. Deshalb würde ich ganz kurz noch warten.

00:56:19
Katarina Stjepandic: Ja, ich hab hier eine Frage von Jan.

00:56:24
Speaker 5: Ja, ich weiß gar nicht wirklich ob's eine Frage ist oder es ist im Grunde ja doch. Ich möchte nochmal so ein bisschen nach der, ich finde das ein sehr interessantes Projekt und ich glaube, was du da machst ist wirklich auch hat eine extreme Reichweite, weil du ja ein riesiges Bündel von empirischer Forschung anguckst und sozusagen kontrastierst und gegenüberstellst mit dem, was sozusagen sozial und kulturwissenschaftliche qualitative Ansätze zu bieten haben. Du hast jetzt am Ende so ein Plädoyer gehalten dafür, dass wir uns für die Blackbox interessieren sollen. Das klingt jetzt wieder so ein bisschen so, als sollten wir doch Anleihen bei der Empirie und der Hirnforschung und Evolutionstheorie und Psychologie machen. Jetzt habe, ich hab so ein bisschen vermisst, sozusagen das Gegenangebot, was die quantitativen Ansätze schon haben. Also deine Überschrift heißt ja Habitus als verkörperlichte Urteilskraft. Es gibt ja ein riesiges Arsenal von Konzepten, die sozusagen auf dieser Schnittstelle stehen, die das Somatische und das Soziale verbinden und wo die Sozial- und Kulturwissenschaften sehr viel im Grunde zu bieten haben. Und ich bin mir auch nicht ganz sicher. Also da würde ich dann mal danach fragen, wie du diese diese andere Seite jetzt sozusagen gegen das Begriffs Repertoire der Verhaltensökonomie der Heuristik und Bias Forschung wie du wie das Verhältnis siehst. Und ein zweiter Aspekt. Ich fand das am Ende, was du zu der Blackbox des Maschine Learnings gesagt hast interessant. Das andere Box man auf eine andere Weise versteht, die verstehst, dass die Blackbox des Machine Learning versteht man ja nicht mit derselben Forschung, dem wie man jetzt die Blackbox Gehirn versteht, sondern man kann glaube ich sehr viel Aufklärungsarbeit leisten über die den Einsatz und die Praxis des Machine Learning heute z.B. in den sozialen Medien wie dort ein ganz neuer Wissenstyp generiert wird, nämlich über Population ein voraussehungs- ein produktives Wissen generiert wird, sodass es gar nicht so sehr darauf ankommt, einzelne Individuum zu klassifizieren, sondern sozusagen ganze ganze Gruppen anhand von heuristischen Merkmalen die Alltagsangaben wie Facebook-Daten und eben online Verhalten erschlossen werden. Da kann man ja strukturell sehr viel zu sagen und man kann eben auch sehr viel über den Einsatz dieses neuen durch maschinelles Lernen generiertes Wissen herausfinden im Sinne einer Aufklärung über technologische Funktionalität, wo glaube ich auch Sozialforscher sehr viel machen können, ohne wirklich die Blackbox in jeder Hinsicht auf aufschlüsseln zu können. Insofern hätte ich da noch so ein bisschen Fragen. Also ich würde gern das Licht nochmal von dir auf die andere Seite geworfen sehen. Also was du da sozusagen auf der Haben-Seite der qualitativen Sozialforschung verortest.

00:59:24
Serhat Karakayali: Ja. Nicht viel. Ich will, ich habe das an einer Stelle vielleicht nicht deutlich genug gemacht. Die, vielleicht. Vielleicht muss man sich das so vor Augen führen. Es war etwas wie ein Stigma. In den USA zwischen denjenigen, die empirische Forschung machen, also die sagen wir erheben hier Daten, wir interpretieren, die wir machen Experimente, wir zeigen sozusagen hier liegt Diskriminierung vor. Das machen Wirtschaftswissenschaftler, Psychologen, Sozialpsychologen und so weiter und so weiter. Und dann hast oder die Sozialwissenschaftler auch an anderer Fächer, die mit der solchen Daten arbeiten. Und das sind die, die ja, vielleicht. Ich will sagen, das sind die Einflussreichen, aber wir haben auf der anderen Seite die Critical Race Theory und wenn man sich anschaut, in welchen Fächern die auch verortet sind und wie wie die sozusagen arbeiten das ist. Ich würde noch nicht mal qualitativer Methode dort sprechen. Das ist oftmals eben dann in das ist ja oftmals ohne jegliche empirische Forschung eigentlich, sondern das ist oft im Kreis. Und hier gibt es wenig Berührungspunkte, es gibt auch ein großes Misstrauen gegeneinander natürlich. Die einen verfügen sozusagen über ein ganz bestimmtes Set an Annahmen darüber, was sozusagen gesellschaftlich los ist, was Gesellschaft ist und warum das so etwas wie Rassismus gibt. Und die anderen machen hier solche einen kleinen Ausschnitt und haben so nichts zu interpretieren, so richtig, das ist jetzt mal zugespitzt. So eine Ausgangslage, von der aus ich das jetzt hier auch ähnlich sehe. Warum werden bestimmte Methoden immer sozusagen präferiert? Welche dominieren eigentlich das wissenschaftliche Feld bei der Erforschung von Rassismus? Und wie kommt es, dass diese ja aller Haben-Seite der Kultur und Sozialwissenschaften und was die qualitativen Methoden angeht, so wenig los, weil so wenig los ist? Weil nämlich wenig gemacht wird. Wenn man sich die Literatur in Deutschland dazu anguckt, dann ist es wirklich so,

01:02:03
Serhat Karakayali: dass wir außer ein paar Diskurs, also wenig wenig vorliegen haben es gibt keine, aber kaum Vermutung oder irgendwie systematisch angestellte Vermutung darüber, wie Zusammenhänge eigentlich zwischen verschiedenen Typen von Objekten und verschiedenen Typ von Entitäten eigentlich beschaffen sind. Das wird irgendwie immer unterstellt. Also da ergibt es allenfalls mal, wenn schauen wir uns die letzte Studie an, die jetzt aus Rassismus bei der Polizei. Was wird da gemacht? Da werden Einstellungen von Polizisten erhoben und Rassismuserfahrungen von Betroffenen. That's it. Das haben wir und wir haben gleich dann sozusagen, anekdotische Anekdoten, anecdotal evidence, sowas in der Art. Mein Plädoyer ist es jetzt nicht zu sagen das ist alles nichts wert. Sondern eben mein Pladoyer war ich gehe da jetzt rein in diese sozusagen reichhaltige Forschung. Ich bin mir im Klaren darüber, dass das nie das ist, das, was die machen. Aber was können wir daraus lernen, was ist der Punkt, an dem wir uns einbringen und wo können wir, wo können wir sozusagen einen Angelpunkt finden, an dem wir mit was wir können und wir vielleicht für ein Verständnis haben von von Gesellschaft anders mit diesen Daten umgehen? Deswegen hab ich auch das Beispiel von Massumi gebracht, der nicht hingeht und sagt das doch alles Quatsch, was sie da machen mit ihren Experimenten, sondern der sozusagen mit einem anderen Interpretationsrepertoire rangeht und sagt das kann man nochmal so interpretieren und dann sieht das Ding ganz anders aus. Und das ist eigentlich mein Interesse, dass ich sage ich will jetzt nicht Leute, die. Und dann weiß ich da, da liegt die Empathie im Gehirn. Das glaub ich auch nicht, dass sie irgendwo liegt. Aber ich hab die Idee, dass wenn man, dass man das irgendwie zusammen machen kann und dass man gemeinsam schlauer wird. Und ich glaube, dass da ein Repertoire da ist, auf der Seite der Kulturwissenschaften und der der Gesellschaftswissenschaften. Aber dass wir das irgendwie verspielen, weil wir uns nicht Gedanken darüber machen, wie wir das eigentlich methodisch umsetzen können.

01:04:28
Speaker 5: Dankeschön!

01:04:30
Katarina Stjepandic: Ich habe noch eine weitere Frage von Maria Alexopolo.

01:04:38
Serhat Karakayali: Hallo Maria!

01:04:40
Speaker 6: Hallo! Ja, also ich bin hier ganz eigentlich ganz fachfremd als Historikerin, aber mich hat einfach der Ansatz und das Thema interessiert. Also auch mit dem mit diesem Zusammenhang mit Affekten. Weil weil ich viel darüber nachdenke. Aber meine Frage ist erstens eine, dass es vielleicht zu grundsätzlich, eigentlich für die ganze, für die ganze Diskussion, aber ich stelle, ich würde sie trotzdem stellen. Diese ganzen Ansätze, die fokussieren aufs Individuum. Also was, was mit dem, was ist mit der überindividuellen Ebene. Also wenn man das Thema so angeht, also so so wie z.B. bei der Anti-Bias Forschung das angeht. Ja, das ist das eine. Und das andere ist was ist eigentlich, wenn man mich persönlich oder in meinem, in meiner Gedankenwelt ist diese Blackbox, dieser sehr bekannter Begriff des rassistischen Wissens. Was ist damit also? Ja, kann man denn damit nicht arbeiten? Und da, da gehen wir ja wieder weg eigentlich von Affekten da gehen wir ja wieder auf so ne wissenstheoretische Ebene, die natürlich auch nicht ganz frei von diesen, es ist ja auch so ein ganz interessantes Feld inwiefern Wissen und und Emotionen, also wie Kognition und Emotion da einfach auch zusammenwirken?

01:06:06
Serhat Karakayali: Absolut. Naja, das ist ja das. Dafür würde ich natürlich auch plädieren. Die Art und Weise, wie etwas auf uns einwirkt, hat natürlich viel damit zu tun, wie wir das durch welche Medien oder Begriffe...

01:06:26
Serhat Karakayali: Gibt's einen Ton Problem oder?

01:06:30
Serhat Karakayali: Ich höre alles nur noch so verzerrt. Ich spreche einfach weiter. Ihr werdet mich schon unterbrechen.

01:06:36
Katarina Stjepandic: Wir hören dich ganz normal.

01:06:39
Serhat Karakayali: Also das ist, glaube ich auch in der in der nach Emotionsfroschung gibt's ja diese ganzen auch an Schulen, die von na wo, wo das nie getrennt ist, wo ein Gefühl immer sozusagen, mit einem ... wie eine Situation zu bewerten ist, damit man dann ein entsprechendes Gefühl entwickelt. Und ich denke, für den Affekt gilt das ähnlich. Das führt, dass der Affekt sozusagen gerichtet sein muss, dass er moduliert sein muss und dass er eine, und dass die Amplitude, wenn man so will, von so einem Signal jeweils mit Wissen verstärkt werden kann. Und und das ist aber auch sozusagen die Luft, das heißt ohne Wissen, dass ein bestimmtes Wort eine Beleidigung ist. Ich weiß, dass der Typ, wenn er das sagt, zu mir, dass er mich beleidigt, affiziert es mich ja nicht, also nur mein Beispiel zu nennen. Und natürlich ist wichtig, wissen, wer etwas sagt. Auch das Wissen darüber, von wem ein eine, eine Aussage kommt, moduliert das Signal und ist affiziert mich auf andere Weise und usw. Und das kann man ja noch komplizierter, auch noch sozusagen verfalteter machen. Und dann wird es Literatur und Poesie. Ja, aber ohne ohne Wissen kann es sozusagen kann der Affekt ja sozusagen nur ins Leere gehen, wenn man so will. Das ist und das ist eigentlich das Interessante. Das ist natürlich die Art und Weise, wie wir wie diese verschiedenen sensorischen auch Signale auch fixieren von uns gelesen werden, natürlich kulturell vermittelt. Also dass Kultur etwas ist, was wir auf einer anderen, auf einem, einem anderen Register lernen und wo auch, haben andere Bedeutung und so weiter und so weiter. Und das sollte man sicherlich nicht einfach außen vor lassen. Also ich denke, die das Plädoyer für Affekt und den Körper bedeutet eben nicht, dass man beim Körper stehenbleibt wie der Arzt sozusagen den vor dem mit dem Skalpell, vor dem vor dem, sondern dass man sozusagen das ganze Repertoire und alle Aggregatestufen, die die da betroffen sind einbeziehen muss in die Art und Weise, wie der Körper diese alle verarbeitet. Und ja, natürlich ist es auf die Eingangsfrage. Dass diese methodologische besonders in den Experimenten von von den Kognitionspsychologen, dann auf den auf den Körper in einer ganz bestimmten Weise gerichtet sind. Der Körper als sein einzelner Körper. Das ist sicherlich problematisch und es wurde auch schon zu Recht kritisiert, dass natürlich diese ganzen experimentellen Situationen den Körper isolieren und nicht sozusagen berücksichtigen, in welchen Interaktionsgemeinschaften und in welchen Konstellationen und Umwelten eigentlich normalerweise Menschen, also außer wir alle, die wir nun hier sitzen, normalerweise eigentlich sich befinden, wenn sie in Präsenz mit Menschen. Aber der Körper ist ja auch ein Speicher. Also ich denke das Interessante, auch das was die Habitus Theorie zu sagen hat, ist warum ist muss es denn im Körper eigentlich? Also warum ist der Körper sozusagen diese Zuflucht, an der das Soziale sich speichern kann und dies und und und all diese Kapitalformen, die hängen an dem Körper. Die zeigen sich im Körper und der Körper ist der Ort, an dem die gelernt und verdichtet und sozusagen transportiert werden. Das, das der Körper sozusagen der Ort ist, an dem man das auch ablesen möchte, weswegen dann, also es gibt dieses berühmte Beispiel, ich weiß nicht wer aus Frankfurt ist, aber

01:10:58
Serhat Karakayali: diese Geschichte mit als als am Frankfurter Institut für Sozialforschung, über die Habitus Theorie diskutiert wurde und der damalige Leiter des Instituts dann sagte Ah, jetzt verstehe ich und erzählte dann seine Geschichte, wie er als jüngster U-Boot Kommandant nun im Zweiten Weltkrieg rekrutiert wurde, nämlich er musste nur durch eine Tür kommen und dann diese 15, 20 Meter zu dem Tisch der Generalität laufen. Und dieser Lauf bereits erklärte sozusagen, mit dem erklärte er sich und zeigte er sich mit seinem Körper und wie er geht, was er dazu befähigt war, so ein U-Boot zu kommandieren. Also diese diese Geschichte, sondern soll sie jetzt illustrieren, der Körper ist etwas, was natürlich in der Sozialwissenschaft, in der Soziologie, im Kern einer der Theorien mit denen, mit denen eigentlich so etwas wie das Verhältnis von Struktur und Handeln irgendwie erklärt werden soll, angesiedelt ist.

01:12:17
Katarina Stjepandic: Gibt es denn gerade noch weitere Fragen?

01:12:29
Katarina Stjepandic: Ich habe mich gerade noch gefragt, du hast über den implicit Association Test relativ lange gesprochen und auch jetzt über die Frage des Körpers als Speicher. Zum einen ist ja die Frage dahinter wo verbirgt es also dieses Wissen? Und wie, wie entsteht dieses Wissen? Aber mich würde auch interessieren gibt es denn Ansätze, auch aus diesem Bereich zu sagen, wie lässt sich denn dieser Speicher öffnen und modellieren oder verändern? Können Assoziationen verändert werden? In solchen Experimenten gibt es dazu Evidenz wie wie durch eine andere Aussetzung oder Aussetzen von Bildern oder von anderen Narrativen, solche Assoziationen dann auch wiederum eine andere Modifizierung erhalten kann.

01:13:18
Serhat Karakayali: Also die Debatte geht jetzt darum, im Moment das, naja, dass man das eigentlich nicht funktioniert. Also die Gefahr, die mit den Links einhergeht, ist der, dass somit, was dieser Test und die Ergebnisse nahelegen ist, man kann daran eigentlich gar nichts machen. Die Leute sagen immer von sich selber, dass sie diese ganzen Alleinstellung ablehnen und dass sie, dass ihnen das ganz fremd ist. Erschreckend, wenn man so will ist das bei vielen dieser Test ja auch rauskommt, diese Einstellung aller, diese Ergebnisse werden bei allen erzielt. Also geht es jetzt nicht nur um die Einstellung, sondern auch um die Identität. Also Schwarze Teilnehmer und Probanden liefern die gleichen Ergebnisse und haben die gleichen Assoziationen zu Black und Blackness, Crime. Und das zeigt sich ja auch bei den ganzen Studien zu Polizeigewalt. Die es geht dann auch von schwarzen Polizeibeamten auf. Irgendwann betroffen hat und von einem Wie geht's? Wird immer wieder dieser wird immer wieder dieses Ergebnis nahegelegt und das scheint sozusagen, das scheint alles darauf zu deuten, dass das schwer schwer jetzt um zu modellieren ist, und es gibt natürlich die Trainings. Das könnte man sich genauer anschauen. Jennifer Eberhardt, die dieses ganze Projekt leitet. Ich würde, ich würde sagen, das müsste man sicherlich machen. Die machen so Sachen mit Polizeibeamten. Sie versuchen, die sozusagen so zu trainieren, dass sie anders assoziieren und dass sie sozusagen anders zur Waffe greifen. Und das, was sie da genau machen, habe ich mir noch nicht angeschaut. Was es an seinem Training musste man einfach mal teilnehmen und abwiegen, was sozusagen da die Evaluation davon ist. Also ob an die teilnehmenden Beamten dann, sich anders verhalten, weiß ich nicht. Ich bin mir aber sicher, dass wir ein internationaler Vergleich ganz klar ergeben würde, dass man so eine Assoziationen mit einem anderen Land auf sich nicht auf die gleiche Weise finden würde. Also dass die Assoziation kulturell sozusagen einer bestimmten, einem Symptom kulturellen Kontext hängt.

01:15:51
Serhat Karakayali: Wenn wir jetzt aber zeigen, würde er, dass man die gleichen Assoziationen bei dem chinesischen Probanden findet, die aber amerikanische Fernsehserien schauen. Dann wäre das interessant. Einfach für die für die Analyse der Vermittlung, Übermittlungen und Distribution solcher Stereotype und was sie machen mit unserer Wahrnehmung. Es gibt ja so Fragen im Chat, die ich nicht sehen, die ich nicht lesen kann. Weil die immer so mit weggehen, kann das jemand lesen?

01:16:45
Speaker 6: Christian von Scheve hat eine Frage oder?

01:16:48
Speaker 7: Ja, ich hatte ihr ja genau. Ich hatte auch noch eine Frage. Also ich habe riesengroße Sympathie für diesen vorgeschlagenen Ansatz, den Körper sozusagen in seiner gesamten Physiologie, Materialität et cetera et cetera, bei diesen ganzen Fragestellungen zu betrachten. Und zum Teil wird das ja auch schon gemacht, auch unter anderem z.B. wenn es um Fragen von Antworten die bestimmten, also bestimmte Formen von Informationsverarbeitung, etwa in Abhängigkeit von Klassen Positionierung oder sozioökonomischen Status. Es wird auch gemacht, Firat Rengin in Riverside macht z.B. solche Sachen zum implicit racial bias in Zusammenarbeit mit Leuten, die FMRT Methoden benutzen. Es gibt Leute, die versuchen, eine Affektivität über Infrarotkameras bei sozialen Bewegungen. Also ich glaube, das geht alles in diese Richtung. Das heißt, da ist ich schon was auf dem Weg. Und das zeigt ja auch, dass das irgendwie machbar ist. Was ich mich aber gefragt habe, geht jetzt auch doch wieder so ein kleines bisschen in die Richtung der Frage von Jan und ich würde doch nochmal gerne auf die qualitativen Methoden zurückkommen, weil ich habe jetzt den Vortrag so verstanden: Also einerseits gibt's ein starkes Plädoyer für den Körper, den Körper als Körper und dann auch anders, in der Körper Soziologie wird der Körper oftmals anders betrachtet, also sozusagen ein Umgehen mit dem Körper und so weiter und so reflexiv sehr reflexive Ansätze, sondern den Körper sozusagen als Körper zu nehmen und zu verstehen in seiner physiologischen Ausstattung, wenn man so will. Zugleich schwingt ja aber auch sozusagen die Idee mit, man müsse irgendwie in den Körper hineinschauen können, um sozusagen diese ganzen implicit Geschichten, also all die Beispiele, die wir gehört haben, implicit Association Test, also es sind alles Dinge, die sozusagen eine bestimmte Art der kognitiven Informationsverarbeitung oder von mir aus affektiven Informationsraum und so weiter und so fort. Ich glaube sicherlich, dass das ein sehr fruchtbarer und gangbarer Weg ist. Aber es ist extrem vielversprechendes Feld, glaub ich in die Kategorie von dem, was ich gesagt habe, es zum Teil gemacht wird. Aber was ist denn, also warum, warum also muss man wirklich immer auch sozusagen da reingucken? Gäbe es nicht auch die Möglichkeit z.B. ich weiß, es sind ja viele Leute hier im Publikum, die auch mit ethnografischen Methoden arbeiten, bis man sozusagen auch mit ethnografischen Methoden, die vielleicht keine Ahnung, ich mache das selber kaum, dass man diese eigentlich auch weiterentwickelt, um auch sowas über ethnographische Methoden abgreifen zu können. Wer das irgendwie im Möglichkeit Horizont. Das fände ich spannend, aber das klang jetzt in dem Vortrag eben eher nicht so... Also ja, die ganzen Beispiele sind sozusagen sind Beispiele, die irgendwie immer auf das Innen, auf das Innenleben zielen. Ja ähm und und weniger auf so owertes Verhalten, was ich einfach beobachten kann und deswegen meine Frage, ist es wäre sozusagen auf der gleichen Ebene angesiedelt oder wäre das wieder mit mit bestimmten methodischen Hindernissen verbunden? War da eine bestimmte Art von Einblick nicht gewähren?

01:20:17
Serhat Karakayali: Also ich glaube, alles ist mit methodischen Hindernissen verbunden, auch die ethnographische Beobachtung ist eine Beobachtung, die ja. Sie sieht für bare Münze nimmt, sondern die durch andere Methoden des Reflektierens und des Filterns, diese sozusagen Raw Data interpretiert und mit Sinn ausstattet. Also, mir ist eigentlich ein Anliegend in den Körper, in dem Sinne nur zu schauen, was ja geht. Diese Forschung, die ich da beispielsweise genannt habe. Aus der experimentellen Psychologie liefert, ist nicht ein Blick in den Körper, sondern was wir bekommen sind, Messdaten wie Aktionen auf bestimmte Bilder, auf bestimmte Situationen sind, also sagen wir jetzt, diese Leute, die diese Fernsehserie anschauen. Ja, die schauen, den schaut man nicht in den Kopf rein. Sondern die Art wie fanden sie das? Das ist wie ein Interview. Man bekommt sozusagen jetzt nicht blickt ihn irgendwie so ein Scan. Also ich hab das zwar jetzt einen ein Wort, das ist zwar mal vorgekommen, aber das die Frage ist bei dem Blick in den Körper nicht so sehr sozusagen der buchstäbliche Blick in den jetzt in irgendwelche Neuronen. Ich glaube, je näher man ran, das ist nicht meine Vorstellung davon. Die ist eher wie bei aller Forschung. Sezieren, interpretieren muss man dafür, dass man dafür einen eine Theorie haben muss, die dann, dass die tragfähig ist und die man durch Ergebnisse auch validieren kann. Und das kann man natürlich auch ethnografische Methoden sein. Ich will jetzt dem das gar nicht ausschließen. Mir fällt jetzt gar nichts, da fällt da jetzt gar nicht konkret was ein. Aber das kann natürlich auch nur. Meine Idee ist ja eher die, ja, also es gibt natürlich bei allen und ich glaube, das geht bei Forschung letztendlich immer darum zu sagen. Hier gibt es etwas, was wir vermeinen, meinen zu wissen und was sich uns so präsentiert.

01:22:47
Serhat Karakayali: Was aber vielleicht anders funktioniert, als es sich auf den ersten Blick darstellt und diese diese sozusagen Operation des sich dahinter begeben, hinter diesen Schleier oder wie auch immer man das jetzt bildlich darstellen will. Das gilt wahrscheinlich für alle Disziplinen und alle Methoden, dass sie versuchen zu sagen das sieht jetzt so aus, als ob. Nun lass uns nochmal genauer hinschauen, ob es sich nicht vielleicht doch anders verhält. Insofern bin ich da unvoreingenommen. Meine meine Idee ist nur zu sagen hier also diese ganzen Forschungen, die jetzt zu Rassismus und Diskriminierung arbeiten, die legen es immer alle nahe, dass hier sozusagen ein Wirkungsbereich relevant und prominent nach vorne tritt. Für denen wir uns interessieren sollten und mit denen wir, uns auch mit Fragen befassen müssen, die auch im Repertoire haben, vielleicht Neuland vielleicht sind. Ich sage nicht, wir müssen alle lernen, mit einem Scanner umzugehen. Aber wir müssen uns vielleicht damit befassen, dass der Körper etwas ist, ja, das Gehirn etwas sind, das wir zur Kenntnis nehmen müssen. In diesem Feld, wie Denken zustande kommen, die Urteile zustande kommen, wie alles zustande kommt und die Assoziationen funktionieren. Wie es dazu kommt, dass Leute ohne das selber zu wollen. Diese diese Person nicht einstellen. Warum setzt sie eine Praxis? Das ist ja etwas, das nicht jetzt so völlig neu in der Welt ist, sondern warum im New York Philharmonic Orchestra, warum arbeiten da überhaupt Frauen? Warum gibt es überhaupt People of Color und Frauen, Musikerinnen, die nicht weiße Männer sind? Das ist, weil irgendwann die Leute von der Gewerkschaft durchgesetzt haben, dass die Leute hinter einem Vorhang vorspielen. Also dieses Wissen, dass beides irgendwas macht, dass es Folgen hat, dass es irgendwie bekannt. Wie das genau vorgeht, vor sich geht, das wissen wir nicht ausreicht bereits. Wir wissen auch nicht, wie man es besser machen kann. Bisher weiß man nur, wenn man Vorhang einen Vorhang aufhängt dann wird der Intendant nur hören, wie wir die Cellistin, ja oder die Kontrabassistin denn die, die wie die Frau die Tuba spielt. Dass die super spielt. Und wenn dann der Vorhang weg ist, dann kann sie die Haare raufen und er muss sie einstellen. Und das ist etwas, was kann man aber nicht immer machen. Man kann sich in allen Situationen sozusagen Einstellungssituationen oder in allen anderen Situationen kann man nicht immer sozusagen sich blind machen und sich sozusagen in die Situation versetzen, dass man nicht biased. Das kann, das ist unrealistisch. Also müssen wir uns damit befassen, wie wir das. Was da los ist.

01:25:52
Katarina Stjepandic: Ich würde gerne eine letzte Frage noch zulassen, und zwar von Hella von Ungarn. Und dann kommen wir auch schon mit der Veranstaltung langsam dem Ende entgegen. Deshalb bitte sehr.

01:26:12
Speaker 9: Ich habe leider bisschen technische Probleme und mein Video hat vorhin auch nicht funktioniert, deswegen probiere ich es jetzt einfach nur auf der Audiospur. Danke Serhat für den Vortrag. Fand ich total spannend. War sehr viel. Irgendwie hab ich so eine Reise. Fand ich super. Nein, wir haben hier ein bisschen zuviel Quali Bashing gemacht hier jetzt auch in der Diskussion. Und ich wollte mich dem Vorredner anschließen und sagen es gibt ja durchaus total spannende Studien, die gerade auch so leibliche Aspekte und das, was Stefan Hirschhausen die schweigsamen Aspekte des Sozialen erfassen können. Und dafür ist ja die Ethnographie genau eigentlich geeignet. Da sind wir als Forschende die Erhebungsinstrumente und wir quasi durch teilnehmende Beobachtung haben einen Zugang zumindest zu Teilen von dem, was da passiert. Die Frage ist dann immer woran kann man teilhaben und was kann man quasi mit erforschen? Auf diese Art und Weise. Und da finde ich, sind so Studien wie von Suti Venkatesh oder Alice Goffman oder so total spannend. Aber die sind halt niemals nur über Rassismus, sondern die sind dann immer über Verschränkung von Rassismus mit sozialer Benachteiligung, mit, mit Urbanität und so weiter. Und ich glaube, das ist so ein Problem, dass wir uns irgendwie verständigen müssen. Darüber also worüber, welchen Ausschnitt von Wirklichkeit, soziale Wirklichkeit wollen wir uns anschauen? Und wenn wir uns da verständigen können, was uns interessiert? Ich glaube, dann ist auch total viel Interdisziplinarität möglich. Ich habe das schon quasi kennengelernt in an der Columbia Uni zu einem Thema HIV, wo sich ganz unterschiedliche Disziplinen und methodische und andere Traditionen getroffen haben, in einem Interesse an einem Gegenstand und wo man dann aber nicht versucht hat, jetzt so eine große Verschmelzung von allem irgendwie hinzukriegen, sondern man hat sich auch unterschiedlich sein lassen, weil wenn du mich mit diesem Konzept davon statistischer Diskriminierung konfrontierst, ich kriege da wirklich auch ganz leibliche Reaktionen drauf, weil ich das einfach so eine verkürzte und das basiert auf so verkürzten Verständnis von wer menschliche wie menschliche Akteure quasi agieren und was unser Handeln auszeichnet anbelangt, dass ich da denke, ich glaube, die Antwort ist eher in so einem Formulieren von Fragen, die uns alle interessieren und dann auch dem Zulassen von Unterschieden in der Bearbeitung und Beantwortung von Fragen, wo man sich dann auf der Ebene auch durchaus für quanti und auch rational choice Forschung wahrscheinlich interessieren kann.

01:28:45
Serhat Karakayali: Ich hätte wissen sollen, dass du dabei bist und nicht zurückhalten müssen. Und ich spreche jetzt wirklich nicht dafür mich aus, dass wir alle typen lernen sollen und und nur noch mit dieser mit diesen Methoden arbeiten sollen. Meine, mein mein Eingang war ja eher der, dass die jetzt auch sich hier in Deutschland etablierenden systematische Erforschung von Rassismus sich aufstellen muss. Sie muss und vielleicht hat das natürlich auch eine gewisse. Also gibt's das, gibt es doch sozusagen Randbedingungen, unter denen so einer er ähm, ergänzt dieses Forschungsfeld ist jetzt leiden wird. Die dazu führen, dass es entlang bestimmter Linien Leitplanken gemacht werden wird. Dieser nationale Diskriminierungs- und Rassismus-Monitor, der jetzt beginnt, also also as we speak, damit haben wir eine Forschung, die, Daten liefern wird, die sozusagen zunächst einmal quantitative Daten sind. Es wird eine Erforschung sein von Arbeits- und Bildungsmärkten von allen möglichen sozioökonomischen Daten und das ist auch das, was gefragt ist. Also das wird von den Stakeholdern, wie das immer so schön heißt und den jeweiligen relevanten Akteuren, also meine ich nicht nur die Regierung, sondern auch die Organisationen in der Zivilgesellschaft, die Lobbyorganisation, die Betroffenen Organisationen sozusagen. Die, die verlangen eigentlich, dass man solche Daten produziert. Und die werden dieses Feld dominieren. So wird es, so wie es auch jetzt in den USA der Fall ist. Und wenn man, man kann natürlich immer sagen, dass das unvollständig ist. Das ist auch richtig. Hab das nicht jetzt vorgetragen, um dafür zu plädieren, dass wir das machen, wie jetzt Arrows und Phelps das vorgeschlagen haben, sondern mein Argument war zu sagen, das sind die erfolgreichen Modelle, mit denen gearbeitet wird. Und was können wir tun, wenn wir uns damit befassen? Um etwas anderes vielleicht anzubieten. Mit dem wir uns so aufstellen können, dass wir uns nicht in eine Nische ablenken lassen mit so einer Forschung.

01:31:26
Serhat Karakayali: Was wären Angebote, die interdisziplinär sind, die offen sind sozusagen für bestimmte. Also für eine Innovation, für theoretische, für theoretisch interessante Fragestellungen, die sich nicht, also die sich jetzt nicht dumm machen lassen in dem Sinne, dass sie jetzt vor diesen Zahlen niederknien, aber die gleichzeitig sozusagen auch nicht sich sich so abwenden von diesem Szenario, dass sie irrelevant werden für diese Debatte. Weil das ist das, was ich, was sich abzeichnet, wenn man das macht, was man sich dem nicht stellt dieser Konstellation. Ich hoffe, ich hab mich verständlich ausgedrückt. Aber mir geht es darum, dass man dem Schicksal der Critical Race Theory in den USA nämlich ein Nischenprodukt für für Abnehmer, die dem geneigt sind, also sozusagen von einem für eine bestimmte Religion werden bestimmte Anhänger einer Religion werden religiöse Produkte erstellt, sondern dass man sich in diese Debatte so begeben kann, dass man über den eigenen sozusagen, weil das eigene Publikum hinaus kommunizieren kann mit den Ergebnissen, die man dann da hat.

01:32:44
Katarina Stjepandic: Ja, vielen Dank. Ich glaube, da ist noch ein Kommentar. Ja, danke.

01:32:52
Katarina Stjepandic: Vielen lieben Dank. Ich glaube, es ist ein guter Punkt, um an dieser Stelle den Abend zu schließen. Wir sind ein bisschen über der Zeit, aber ich glaube, es ist noch im Rahmen. Ich will noch ganz kurz für die nächste Woche werben. Und zwar wieder, gleicher Ort, gleiche Zeit. Es wird um einen Vortrag gehen, ein Vortrag geben, der davon handelt, von konkurrierenden Affekt Dramaturgien um #Chemnitz, also Journalismus herausgefordert. Das ist ein Vortrag, der gehalten wird von Margreth Lüneborg, von Ana Makashvili und von Débora Medeiros. Kommen Sie dazu. Wir freuen uns drauf. Und bleiben Sie gesund. So viel von unserer Seite. Ein schönen Abend.