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Emotionsrepertoires im Wandel III: Dynamiken des Ungefühlten

Projektleiktung Mitarbeiter*innen

Welchen Platz haben die Flut im Ahrtal, die globalen Temperaturrekorde im Juli 2023, die Normalisierung von Waldbränden auf der ganzen Welt und die sukzessive Austrocknung von landwirtschaftlichen Flächen in unserer politischen und alltäglichen Wahrnehmung? Wie werden diese Katastrophen öffentlich und zwischenmenschlich behandelt, um sie in der Wirklichkeit zu verorten und auf welche Weise werden sie ignoriert? Das philosophische SFB-Teilprojekt D09 „Dynamiken des Ungefühlten“ beschäftigt sich mit Gefühlsstrukturen, die die ökologische Katastrophe begleiten und ihre Realität verleugnen. Wir gehen davon aus, dass affektive Vergegenwärtigung die Erfassung von Wirklichkeit möglich macht und untersuchen die historischen und strukturellen Bedingungen, die sie einschränken. Dazu gehört die tiefe koloniale Prägung von Welt- und Selbstbezügen, die sich im Umgang mit natürlichen Ressourcen und der Zerstörung von Lebensräumen durch Kolonialisierung zeigt. Außerdem verwickelt die von Ulrich Brand und Markus Wissen beschriebene „imperiale Lebensweise“ Menschen auf eine Weise in Konsum und materielle Sicherheit, die das dem Wohlstand zugrunde liegende Ausbeutungsgeschehen unsichtbar macht. Ein weiterer Ansatzpunkt, um das Nichtfühlen gegenwärtiger Katastrophen zu verstehen, sind psychoanalytische Ansätze zu gesellschaftlichen Prozessen der Affektverdrängung und Wirklichkeitsverleugnung, wie sie sich zum Beispiel im Deutschland der Nachkriegszeit abgespielt haben. Das Projekt befasst sich aus sozialphilosophischer Perspektive mit den Dynamiken affektiver Weltbezüge, um sich der Epochenfrage nach einer adäquaten gesellschaftlichen Erfassung und Bearbeitung der Klimakatastrophe anzunähern.