Dieser Workshop untersucht das Konzept der affektiven Dissonanz als epistemische Ressource in der ethnografischen Feldforschung. In der Anthropologie ist Feldforschung stets eine verkörperte und affektiv aufgeladene Begegnung. Ethnografisches Wissen entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern im Rahmen komplexer zwischenmenschlicher Interaktionen, in denen Stimmungen, Emotionen, Atmosphären und andere affektive Dynamiken eine zentrale Rolle spielen.
Diese affektiven Unterströmungen treten oft nicht als harmonische Resonanzen zutage, sondern in Form von Dissonanzen – Momenten, in denen sich etwas „nicht richtig“ anfühlt, fehljustiert oder affektiv störend wirkt. Solche Momente können irritierend und verunsichernd sein, zugleich aber auch erkenntnisfördernd. Sie markieren Unterbrechungen im erwarteten Fluss des Verstehens und signalisieren, dass unterschiedliche Formen von Wissen, Werten oder Welterzeugung aufeinandertreffen – und mitunter miteinander in Konflikt geraten.
Affektive Dissonanz ist somit nicht nur eine Störung, sondern eine produktive Spannung. Sie kann Beziehungen im Feld neu gestalten, neue Forschungsperspektiven eröffnen und nicht nur während der Feldforschung, sondern auch in den anschließenden Phasen der Analyse, des Schreibens und der Reflexion Erkenntnisse generieren.
Der Workshop nimmt die Idee ernst, dass die gezielte Aufmerksamkeit für diese Dissonanzmomente die ethnografische Praxis – sowohl methodisch als auch konzeptionell – bereichern kann. Auf Grundlage der Affektanthropologie untersuchen wir, wie ein systematischer Fokus auf affektive Dissonanz uns helfen kann, die Bedingungen, unter denen ethnografisches Wissen entsteht, besser zu verstehen.
Zeit & Ort
03.07.2025 - 04.07.2025
Freie Universität Berlin
Alte Mensa
Van’t-Hoff-Straße 6, Raum 209A
Weitere Informationen
Organisator*innen:
Jonas Bens, Paola Ivanov, Laibor Kalanga Moko