Springe direkt zu Inhalt

Cracked Pedestals: Heroism and Defiance in American Nursing. Diskussion mit Marci D. Cottingham

16.05.2025 | 16:00

Die Heroinnenerzählung bietet der Öffentlichkeit eine tröstliche Orientierung in Zeiten der Unsicherheit. Doch wer auf ein Podest gestellt wird, muss sich auch an enge Erwartungen halten – insbesondere daran, wie Heldinnen sich verhalten und fühlen sollen.

Die amerikanische Soziologin Marci Cottingham untersucht die historischen Wurzeln und heutigen Ausprägungen des Ideals der „heroischen Pflegekraft“, verkörpert durch das Bild Florence Nightingales und ihr Ethos selbstloser Fürsorge. Dieses Ideal schränkt das emotionale Spektrum von Pflegekräften stark ein: Gefühle wie Wut, Hass oder Eigeninteresse gelten als unangebracht.

COVID-19 brachte für Pflegekräfte in den USA sowohl enorme Belastungen als auch öffentliche Anerkennung mit sich. Sie wurden als Held*innen gefeiert und sollten gleichzeitig dem Ideal Florence Nightingales gerecht werden – einem Bild selbstloser Fürsorge und Mitgefühl. Dies geschah jedoch unter Bedingungen von Ressourcenknappheit, Zwangsurlauben und gekürzten Leistungen. Die Gehälter von Krankenhausleitungen stiegen derweil weiter an.

Pflegekräfte sollten sich aufopfern und durchhalten – doch viele begannen, das vermeidbare Leid und die Todesfälle, die sie täglich miterlebten, zu hinterfragen. In der Öffentlichkeit gelten Pflegende oft als erschöpft, aber nicht als kämpferisch organisiert. Und doch fand 2022 in Minnesota der größte Streik von Pflegekräften in der Geschichte der USA statt, gefolgt vom größten Arbeitskampf im Gesundheitswesen im Jahr 2023.

Seit Beginn der Pandemie beobachten wir, wie Pflegekräfte sich zunehmend vom Ideal der Selbstlosigkeit lösen und aktiv für bessere Bezahlung, mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen eintreten. In einer Gesundheitslandschaft, in der Patient*innen zunehmend als Kund*innen betrachtet werden, beginnt sich die Pflege neu zu definieren – jenseits des Podests der Held*innenrolle, das zunehmend Risse zeigt und die realen Bedürfnisse seiner menschlichen Träger*innen verkennt.

In ihrem Buch legt Marci Cottingham das tragische Paradox der amerikanischen Heroisierung offen: In einem Land mit schwachem sozialen Sicherheitsnetz bedeutet „zur Heldin gemacht zu werden“ oft zugleich, entmenschlicht zu werden. 

Die Diskusison findet in englischer Sprache statt. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zeit & Ort

16.05.2025 | 16:00

Habelschwerdter Allee 45 (Rost-, Silberlaube), Raum KL 24/122D