KOLLEKTIVE Arbeitsweisen und Lebensformen
Ein dreiteiliger Workshop zu Kollektiven in Theater & Theaterwissenschaft
Wie arbeiten und leben Kollektive? Was ist im Feld zeitgenössischer Kunst ihr interner und externer Wirkungsradius? Welches "Versprechen des Kollektiven" implizieren die sich zusammenschließenden Akteure? Impliziert der Begriff eine kollektive (sozio-)politische Positionierung oder eine gängige ahistorische Bezeichnung für funktionale Arbeitsbeziehungen, vornehmlich in der Freien Szene? In welchem Verhältnis stehen neue (Selbst-)Bezeichnungen wie Netzwerk oder Kollaboration zum Begriff des Kollektivs?
Kollektive, kollektives Denken und Handeln spielen in den performativen Künsten seit den 1960/70er Jahren eine zentrale Rolle. Als utopischer Kampfbegriff grenzt er sich dezidiert von hierarchisch organisierten Produktionsverhältnissen ab. Ein Theaterkollektiv zu sein – dahinter verbirgt sich die kontinuierliche Aushandlung produktioneller Bedingungen und Ästhetiken in ihren sich bedingenden Verhältnissen. Geteilte Verantwortung, gemeinsame Organisation von Arbeit und/als Kunstproduktion, Vielstimmigkeit, kollektive Kreativität, solidarische Absicherungen – all dies sind Kennzeichen der Arbeits- und Lebensform Kollektiv, die sich nicht zuletzt auch auf die Ästhetik/ ihre Ästhetiken auswirken.
Bei aktuellen Theater- und Performancekollektiven wie Henrike Iglesias oder Swoosh Lieu lässt sich ein Wandel konstatieren, der sich u.a. darin zeigt, dass a) sie nicht nur vornehmlich eine Arbeitsbeziehung eingehen, sondern auch dezidiert als Familien- und Freundschaftskonstellationen (jenseits der Kunstproduktion) verbunden sind und dass b) sie sich nicht nur mit der Organisation ihrer Arbeit als Kollektiv sondern – zuweilen auch in aktivistischer Perspektive – mit Kollektivität(en) als Lebensformen mit Blick auf gesellschaftlichen und institutionellen Wandel beschäftigen. Daraus ergibt sich für die Theaterwissenschaft die Notwendigkeit einer methodischen wie theoretischen Neubefragung der in Theaterkollektiven aktualisierten Relation von Arbeit(sweise) und Leben(sform) einerseits, sowie der begrifflichen Neuakzentuierung von Kollektivität andererseits, die sich – so die These – sowohl aus den Arbeitsweisen als auch den Ästhetiken der Arbeiten ableiten lässt.
Als Kooperation der beiden Sonderforschungsbereiche „Humandifferenzierung“ und „Affective Societies“ veranstalten wir einen dreiteiligen Workshop in Berlin und Mainz:
Teil 1: 14.6.22 (Mainz)Aktuelle Forschung zu Theaterkollektiven
mit Dr. Anne Bonfert und Dr. Vera Nitsche
Teil 2: 3.8.22 (Berlin)Künstlerinnengruppen in der DDR
mit Christin Müller und Franziska Schmidt
Teil 3: 5.10.22 (Mainz, im Rahmen des Festivals „Politik im Freien Theater“)mit Dr. Henning Fülle
Organisation: Yana Prinsloo (Mainz) & Theresa Schütz (Berlin)