Forced Experiences: Shifting modes of audience involvement in immersive performances
Kolesch, Doris; Schütz, Theresa – 2022
Das Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die große Vielfalt immersiver Aufführungen im 21. Jahrhundert und erklärt, dass sich die räumlichen Konfigurationen zwischen Zuschauern und Akteuren derzeit vervielfachen, ebenso wie die Formen der Ansprache und Einbeziehung der Zuschauer. Wir weisen den oft gehörten Vorwurf neoliberaler Methoden in immersiven Theaterpraktiken zurück und argumentieren, dass diese Form neue Möglichkeiten der Selbstreflexivität bietet. Am Beispiel der Aufführung von SIGNAs Sons & Sons wird gezeigt, wie die Besonderheit der Publikumseinbindung in zeitgenössischen immersiven Performances - das Erleben der physischen Dimensionen der Raumwahrnehmung, die Einfühlung in die dargestellte Welt durch Schmecken, Berühren, Riechen oder durch intime Gespräche und intensiven Blickkontakt mit den Darstellern, ja sogar die Aufforderung, konkrete Handlungsanweisungen zu befolgen - es den Zuschauern ermöglicht, über sich selbst und die Welt zu lernen, indem sie durch Strategien erzwungener Erfahrungen räumlich, fiktional, multisensorisch, emotional und situativ in das Aufführungsereignis eingebunden werden. Auf diese Weise lassen sich immersive Performances als theatrale Situationen zur Gestaltung und Erfahrung komplexer, sozialer Beziehungsdynamiken wechselseitiger Betroffenheit und Betroffenwerden analysieren.