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Rache als blinder Fleck der Moderne. Interview mit Fabian Bernhardt in der Zeitschrift „bref“ (Nr. 4, 2025)

Was fasziniert uns an der Figur des Rächers? Warum wird Rache in fiktionalen Erzählungen bewundert – und in der Realität verurteilt? In einem ausführlichen Interview mit der Schweizer Zeitschrift bref spricht unser Kollege Fabian Bernhardt, Philosoph am SFB „Affective Societies“, über die Ambivalenz von Gerechtigkeit, die kulturelle Konstruktion von Rache – und deren verdrängte Präsenz in modernen Gesellschaften.

News vom 13.06.2025

Rache, so Bernhardt, sei keineswegs nur ein Relikt vormoderner Zeiten, sondern ein gesellschaftlich wirksames Phänomen, das nach wie vor über unser Rechtsempfinden und unsere moralischen Urteile mitbestimmt – auch wenn es meist anderen kulturellen Kontexten zugeschrieben wird. Besonders brisant wird es, wenn das Rachemotiv auf rassistische Weise medial kodiert wird: Während in migrantischen Milieus von Ehrenmord gesprochen wird, ist bei vergleichbaren Taten im deutschen Mehrheitskontext oft nur von Familientragödien die Rede.

Bernhardt plädiert dafür, die dunklen Seiten unseres Gerechtigkeitsempfindens ernst zu nehmen – nicht um Rache zu legitimieren, sondern um die verdrängte Gewaltlogik der Moderne besser zu verstehen.

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